- Definition
- Situation in Belgien: Nationale Politik für die langfristig sichere Entsorgung hochradioaktiver Abfälle und/oder Abfälle mit langer Halbwertszeit
- November 2022: Belgien entscheidet sich für Tiefenlagerung als Endlösung für hochradioaktive Abfälle und/oder Abfälle mit langer Halbwertszeit
- Stellungnahme der FANK zu dem Entwurf des Königlichen Erlasses zur langfristigen Entsorgung hochradioaktiver Abfälle und/oder Abfälle mit langer Halbwertszeit (Mai 2021)
- Stellungnahme der FANK zu dem langfristigen Entsorgungsplan für konditionierte hochradioaktive Abfälle und/oder Abfälle mit langer Halbwertszeit und dem begleitenden Bericht über die Umweltauswirkungen (Juni 2020)
- Stellungnahme der FANK zum nationalen Programm für die Entsorgung abgebrannter Brennelemente und radioaktiver Abfälle (April 2015)
- Stellungnahme zum Abfallplan und zur Umweltverträglichkeitsprüfung (Februar 2011)
Definition
Der Begriff „Tiefenlagerung“ bezeichnet die Lagerung in einer geeigneten Tiefe, um die langfristige Entsorgung der unter diesen Erlass fallenden radioaktiven Abfälle sicherzustellen“. Die Lagerung abgebrannter Brennstoffe oder radioaktiver Abfälle erfolgt in einer Anlage, ohne die Absicht einer späteren Rückholung, aber unbeschadet der Möglichkeit, diese gegebenenfalls zurückzuholen.
Situation in Belgien: Nationale Politik für die langfristig sichere Entsorgung hochradioaktiver Abfälle und/oder Abfälle mit langer Halbwertszeit
Die Umsetzung der Richtlinie 2011/70/EURATOM des Europäischen Rates vom 19. Juli 2011 über einen Gemeinschaftsrahmen für die verantwortungsvolle und sichere Entsorgung abgebrannter Brennelemente und radioaktiver Abfälle in belgisches Recht erfolgte durch die Änderung von Artikel 179 des Gesetzes vom 8. August 1980. Diese Umsetzung bringt die Notwendigkeit mit sich, nationale Politiken für die Entsorgung radioaktiver Abfälle und abgebrannter Brennelemente festzulegen. Diese nationalen Politiken werden durch einen Königlichen Erlass festgelegt, der auf Vorschlag der NERAS und nach Stellungnahme der Föderalagentur für Nuklearkontrolle (FANK) im Ministerrat beraten wird.
November 2022: Belgien entscheidet sich für Tiefenlagerung als Endlösung für hochradioaktive Abfälle und/oder Abfälle mit langer Halbwertszeit
Am 22. November 2022 hat sich Belgien für die Tiefenlagerung von hochradioaktiven Abfällen und/oder Abfällen mit langer Halbwertszeit entschieden. Obwohl es sich hierbei nur um eine Grundsatzentscheidung handelt und alle Details noch ausgearbeitet werden müssen, hält die FANK dies für einen wichtigen Schritt. Die Tatsache, dass Belgien eine klare Position zu dieser Politik eingenommen hat, bedeutet, dass konkrete Wege untersucht werden können und die Verantwortung nicht auf künftige Generationen abgewälzt wird.
Der Königliche Erlass kam auf Vorschlag von NERAS, der Nationalen Einrichtung für Radioaktive Abfälle und Spaltmaterialien. NERAS hat das Prinzip der Tiefenlagerung von April bis Juni 2020 der Bevölkerung und einer Reihe von zuständigen Einrichtungen, darunter der FANK, zur Konsultation vorgelegt. Nach der Analyse des Vorschlags sprach sich die FANK für das Prinzip der Tiefenlagerung aus, hatte aber noch einige inhaltliche Anmerkungen, die in dem endgültigen Dokument enthalten sind.
So möchte die FANK, dass schrittweise vorgegangen wird und dass bei jedem Schritt geprüft wird, ob alle Bedingungen erfüllt sind, um zum nächsten Schritt überzugehen. Darüber hinaus misst die FANK dem partizipativen Prozess große Bedeutung bei. Der Dialog mit allen Beteiligten und insbesondere den Bürgern ist eine unabdingbare Voraussetzung für dieses Projekt. Schließlich ist nach Ansicht der FANK auch die Umkehrbarkeit früherer Entscheidungen wichtig.
Derzeit ist die Tiefenlagerung die sicherste Lösung für die Entsorgung hochradioaktiver Abfälle und/oder Abfälle mit langer Halbwertszeit, doch sollte die Wissenschaft in Zukunft noch bessere Erkenntnisse liefern, sollten diese bei der endgültigen Entscheidung berücksichtigt werden können.
Die hochradioaktiven Abfälle und/oder Abfälle mit langer Halbwertszeit werden derzeit in vorübergehenden, oberirdischen Anlagen gelagert. Diese sind sicher, aber keine endgültige Lösung. Sie sind nur als Übergangsmaßnahme bis zur Entsorgung gedacht.
Der Königliche Erlass vom 22. November 2022 ist daher ein wichtiger Schritt, aber die FANK betont, dass noch keine konkrete Entscheidung getroffen wurde. Für künftige Pläne zur Tiefenlagerung müssen der FANK Sicherheitsdossiers vorgelegt werden. Erst wenn die FANK daraus schließen kann, dass das vorgeschlagene System sicher ist, kann ein Genehmigungsverfahren eingeleitet werden. Es wird noch einige Zeit dauern, bis ein funktionsfähiges Lager eingerichtet werden kann.
Stellungnahme der FANK zu dem Entwurf des Königlichen Erlasses zur langfristigen Entsorgung hochradioaktiver Abfälle und/oder Abfälle mit langer Halbwertszeit (Mai 2021)
Auf Anfrage der Minister für Energie sowie für Wirtschaft und Arbeit hat die Föderale Agentur für Nuklearkontrolle (FANK) ihre Stellungnahme zur langfristigen Entsorgung hochradioaktiver Abfälle und/oder Abfälle mit langer Halbwertszeit abgegeben. Die FANK befürwortet die Tiefenlagerung für die Entsorgung dieser Art von Abfällen.
Die meisten europäischen Länder, die nukleare Abfälle produzieren, haben bereits eine Politik für die künftige Endbestimmung hochradioaktiver Abfälle und/oder Abfälle mit langer Halbwertszeit festgelegt. Die Europäische Kommission hat wiederholt auf das Fehlen einer belgischen nationalen Politik für die langfristige Entsorgung radioaktiver Abfälle der Kategorien B und C hingewiesen. Die FANK hält es für wichtig, dass Belgien diesbezüglich einen klar definierten Standpunkt einnimmt, um zu vermeiden, dass die Verantwortung auf künftige Generationen abgewälzt wird und die Abfälle langfristig in oberirdischen Zwischenlagern aufbewahrt werden.
NERAS schlägt vor, sich zugunsten der Tiefenlagerung zu entscheiden. NERAS hat das Prinzip der geologischen Lagerung von April bis Juni 2020 der Bevölkerung und einer Reihe von zuständigen Einrichtungen, darunter der FANK, zur Konsultation vorgelegt. Nachdem die FANK den Vorschlag seinerzeit analysiert hatte, sprach sie sich bereits für den Grundsatz der Tiefenlagerung aus (siehe die Stellungnahme der FANK von Juni 2020). Die FANK hatte einige inhaltliche Anmerkungen, die jedoch in dem Entwurf des Königlichen Erlasses berücksichtigt wurden.
Die FANK befürwortet zudem ein schrittweises Vorgehen, so dass bei jedem Schritt geprüft werden kann, ob die Voraussetzungen für den nächsten Schritt erfüllt sind. Zu den nächsten Schritten gehören die Beschreibung des Entscheidungsprozesses, die Festlegung der Modalitäten für die Umkehrbarkeit, die Rückholbarkeit und die Überwachung der Abfälle sowie die Wahl der geologischen Lagerstätte(n). Dieser schrittweise Ansatz ist ebenfalls Teil des Entwurfs des Königlichen Erlasses.
- Siehe die Stellungnahme der FANK (Mai 2021)
- Artikel : Alternatives to the direct disposal of spent fuel in a geological disposal facility: routes derived from spent fuel reprocessing
Stellungnahme der FANK zu dem langfristigen Entsorgungsplan für konditionierte hochradioaktive Abfälle und/oder Abfälle mit langer Halbwertszeit und dem begleitenden Bericht über die Umweltauswirkungen (Juni 2020)
Am 15. April 2020 legte die NERAS der FANK den langfristigen Entsorgungsplan für konditionierte hochradioaktive Abfälle und/oder Abfälle mit langer Halbwertszeit in Belgien, den begleitenden Bericht über die Umweltauswirkungen sowie dessen nicht-technische Zusammenfassung zur Stellungnahme vor. Gleichzeitig startete die NERAS eine öffentliche Konsultation.
Der Plan, der begleitende Bericht über die Umweltauswirkungen und die nicht-technische Zusammenfassung sind auf Niederländisch, Französisch und Deutsch auf der Website der NERAS abrufbar: https://www.niras.be/sea2020.
Die Stellungnahme der FANK wurde der NERAS am 11. Juni 2020 übermittelt. Die FANK hat diese Stellungnahme in Absprache mit ihrer technischen Tochterorganisation Bel V verfasst. Sie beschränkt sich auf die Aspekte, die in die Zuständigkeit der FANK fallen, d. h. auf die nukleare Sicherheit und Sicherheitsüberwachung. Sie greift in keiner Weise der Position der FANK in den nächsten Phasen des Entscheidungsprozesses vor, einschließlich des möglichen Genehmigungsantrags für ein geologisches Endlager mit zugehörigem Bericht über die Umweltauswirkungen.
Die FANK ist der Ansicht, dass die geologische Lagerung, sei es in Stollen oder tiefen Bohrlöchern, unter Berücksichtigung des Standes der Technik die sicherste langfristige Entsorgungsoption für hochradioaktive Abfälle und/oder Abfälle mit langer Halbwertszeit darstellt. Dies ist darauf zurückzuführen, dass:
- die Lagerung langfristig auf ausschließlich passiven Maßnahmen basiert, die für solche Abfälle geeignet sind;
- diese Art von Abfall ein Maß an Einschluss und Isolation erfordert, das nur durch eine geologische Formation in ausreichender Tiefe gewährleistet werden kann;
- diese Option die Möglichkeit eröffnet, die Belastungen für künftige Generationen zu begrenzen und sich von kontextbedingten Unsicherheiten weitestgehend zu befreien.
Dennoch stellt die FANK fest, dass die Sicherheit eines geologischen Lagers auf belgischem Staatsgebiet oder auf multinationalem Gebiet in den späteren Phasen des Entscheidungsprozesses noch nachgewiesen werden muss. Dieser Nachweis wird auf der Grundlage von Sicherheitsdossiers im Rahmen eines noch festzulegenden Entscheidungsprozesses zu erfolgen haben.
Zwischenlager stellen de facto keine endgültige Lösung dar, da „die Absicht, die Abfälle zurückzuholen“ ein konzeptionsbedingtes Merkmal ist. Bis zur Einführung der Endlagerung sind sie allerdings ein Schritt in der Abfallentsorgung. Es ist wichtig, die Dauer der Zwischenlagerung der Abfälle nicht über den für die Endlagerung erforderlichen Zeitraum hinaus zu verlängern. Die radiologischen Risiken dieser Anlagen nehmen nämlich mit der jeweils betrachteten Dauer der Zwischenlagerung zu.
Fortschrittliche Nukleartechnologien wie Abtrennung und Transmutation werden im Zusammenhang mit der Wiederaufarbeitung und der Schließung des Kreislaufs für abgebrannte Brennelemente entwickelt und decken daher nicht alle Arten von hochradioaktiven Abfällen oder Abfällen mit langer Halbwertszeit ab, für die eine Lösung für die langfristige sichere Entsorgung gesucht wird. Zudem werden sie die Toxizität der Abfälle nicht auf ein ausreichend geringes Maß senken, auch nicht auf lange Sicht, um ihre oberirdische Endlagerung zu ermöglichen. Diese Technologien bieten daher als solche keine Alternative zur geologischen Endlagerung, könnten aber z. B. im Zusammenhang mit der Reduzierung des radiologischen Inventars, für das langfristig eine Endlagerung erfolgen muss, in Betracht gezogen werden.
Andere Entsorgungsoptionen (z. B. Endlagerung auf See, in einem Eisschild oder im Weltraum) können aufgrund rein rechtlicher Argumente oder unkontrollierbarer Sicherheitsrisiken von vornherein ausgeschlossen werden.
Es ist wichtig, dass so bald wie möglich eine nationale Politik für die langfristig sichere Entsorgung von hochradioaktiven Abfällen und/oder Abfällen mit langer Halbwertszeit, die aus der nuklearen Praxis in Belgien stammen, festgelegt wird. Sollten kurzfristig keine Entscheidungen für diese Art von Abfällen getroffen werden, würde dies bedeuten, dass die Verantwortung für ihre Entsorgung auf künftige Generationen verlagert wird und die mit dem Betrieb der Endlager verbundenen Risiken erhöht werden.
Stellungnahme der FANK zum nationalen Programm für die Entsorgung abgebrannter Brennelemente und radioaktiver Abfälle (April 2015)
In ihrer Stellungnahme zu dem nationalen Programm für die Entsorgung abgebrannter Brennelemente und radioaktiver Abfälle gab die FANK die folgenden Empfehlungen für die Festlegung einer nationalen Politik ab.
Auf der Grundlage der derzeit verfügbaren Dokumente sollte sich die nationale Politik für eine langfristige Lösung für die Entsorgung von Abfällen der Kategorien B und C auf eine Entscheidung über die geologische Lagerung beschränken, welche die Optionen „Lagerstollen“ und „tiefe Bohrlöcher“ umfasst.
Entscheidungen über die Wirtsformation sollten aus der Umsetzung des Prinzips der Optimierung des Schutzes in Übereinstimmung mit der AOSIS und den internationalen Empfehlungen resultieren.
Die aus sicherheitsbezogener Sicht am besten geeigneten Formationen sollten anhand eines systematischen Vergleichs potenziell günstiger Formationen auf der Grundlage eindeutig identifizierter Sicherheitsmerkmale bestimmt werden.
Die Phasen des Entscheidungsprozesses über die geologische Endlagerung sollten mindestens die folgenden Entscheidungen umfassen:
- Auswahl einer oder mehrerer Wirtsformationen;
- Auswahl des Standorts bzw. der Standorte;
- Entscheidungen im Zusammenhang mit dem Genehmigungsverfahren.
Nach Ansicht der FANK müssen Entscheidungen im Zusammenhang mit diesen Schritten durch ein Sicherheitsdossier untermauert werden. Dieses Sicherheitsdossier muss insbesondere eine Sicherheitsbewertung umfassen, aus der die Eignung der Wirtsformation und ihres geologischen Umfelds sowie des Prozesses der Optimierung des Schutzes hervorgeht, die zur Auswahl der Wirtsformation und/oder des Standorts geführt hat.
Stellungnahme zum Abfallplan und zur Umweltverträglichkeitsprüfung (Februar 2011)
Ziel des Abfallplans und der Umweltverträglichkeitsprüfung (UVP) ist die Untersuchung einerseits der möglichen Entsorgungsoptionen für die Abfallkategorien, für die es derzeit keine institutionelle Politik für die langfristig sichere Entsorgung gibt, und andererseits der Auswirkungen dieser Optionen.
In diesen Dokumenten befürwortet die NERAS die Tiefenlagerung in einer wenig verfestigten Tonschicht als geeignete Entsorgungslösung, um Mensch und Umwelt langfristig vor den mit hochradioaktiven Abfällen und/oder Abfällen mit langer Halbwertszeit verbundenen Risiken zu schützen.
Die FANK hat eine Stellungnahme zum Abfallplan und zur UVP vorgelegt. Die FANK ist der Ansicht, dass dank dem passiven Charakter der Sicherheit der Endlagerung die geologische Lagerung von Abfällen der Kategorien B und C nach heutigem Wissensstand die sicherste Lösung ist, um mittel- und langfristig die Sicherheit zu gewährleisten und die Belastung für künftige Generationen zu begrenzen.
Die Oberflächenlagerung hochradioaktiver Abfälle und/oder Abfälle mit langer Halbwertszeit (Abfälle der Kategorien B und C), sei es bis zur Entwicklung neuer Techniken oder für einen Zeitraum von mehreren Jahrhunderten, kann aus folgenden Gründen nicht gerechtfertigt werden:
- Sie würde eine ständige und langfristige Belastung für künftige Generationen darstellen, d. h. Überwachung, Wartung usw.
- Diese Lösung würde den Erhalt entsprechender Fachkenntnisse und die fortlaufende Organisation von Schulungen erfordern.
- Das potenzielle Risiko böswilliger Handlungen ist höher als bei anderen (geologischen) Optionen, da die Materialien an der Oberfläche leicht zugänglich sind.
- Die Menge an radioaktiven Abfällen würde durch Rekonditionierung weiter zunehmen und würde daher im Laufe der Zeit eine immer größere Lagerkapazität erfordern.
- Heute keine Entscheidung für diese Art von Abfällen zu treffen, käme einer Abwälzung der Verantwortung auf künftige Generationen gleich, da in jedem Fall eine definitive Lösung für die Endlagerung radioaktiver Abfälle gefunden werden muss.
In Bezug auf die geologische Endlagerung in einer wenig verfestigten Tonschicht ist die FANK der Ansicht, dass es derzeit nicht möglich ist, eine Entscheidung über die Wirtsformation zu treffen. Auch wenn kein Argument das Einschlussvermögen von Boomschem Ton in Frage stellt, gibt es faktisch keine ähnliche technische und wissenschaftliche Argumentation für andere potenzielle Wirtsformationen. Nach Auffassung der FANK ist es daher wünschenswert, Screenings für potenzielle Wirtsformationen, für die derzeit nur wenige Informationen vorliegen, durchzuführen und parallel dazu das RD&D-Programm zur Eignung von Boomschem Ton fortzuführen. Die Aspekte Einschluss und Isolation, die darauf abzielen, Mensch und Umwelt vor der Exposition gegenüber Abfällen zu schützen, sollten integraler Bestandteil der technischen und wissenschaftlichen Gesamtbeurteilung der Wirtsformation in ihrer Umgebung sein, wobei die auf nationaler und internationaler Ebene (FANK, IAEO, ICRP usw.) geltenden Anforderungen, Grundsätze und Empfehlungen zu berücksichtigen sind.